Pfusch am Bau – Motto: Erst pfuschen, dann voll abkassieren

Die Kalamitäten nähern sich gern auf Schleichwegen. Klassisches Beispiel: Nach einiger Zeit zeigt sich Feuchtigkeit unterm Dach, vielleicht tropft es sogar. Nach dem ersten Schreck werden Schüsseln und Eimer untergestellt. Die sind so schnell voll, daß der Dachdecker alarmiert wird, denn die Sache scheint klar: Das Dach ist undicht. Der Dachdecker rückt an, verbraucht Zeit, erzeugt Kosten, kann aber keine Schwachstellen finden, denn die Ursache liegt in einer unsachgemäßen Wärmedämmung. Immer wieder wird bei deren Einbau außer acht gelassen, daß es auf der Außenseite des Dämm-materials – bei Steildächern -eine ausreichend bemessene Belüftungsschicht geben muß. Ohne sie wird eindringende Feuchtigkeit nicht abgeleitet. Es bildet sich Tauwasser, das schließlich zu Tage tritt, als ob es durchregnet.

Die Liste baulicher Unzulänglichkeiten könnte jede beliebige Länge annehmen. Greifen wir ein paar heraus:
•    Die Ringdrainage rund ums Haus hat nicht genügend Abläufe zum Pumpenschacht. Die Folge: Staunässe.

•    Die waagerechten Sperrfoli-en in den Außenmauern fehlen, sind zu hoch angebracht oder schadhaft. Die Folge: aufsteigende Feuchtigkeit.

•    Der Abwasserkanal hat kein ausreichendes Gefälle zum Straßenkanal, hinzu kommt eine fehlerhaft ausgeführte Abdichtung der Kelleraußenwand. Die Folge: stehendes Wasser im Keller.

•    Ein in der Statik vorgesehener Balken existiert gar nicht. Die Folge: der Dachüberstand hängt durch.

„Es gibt Firmen, die legen es regelrecht darauf an, die Leute mit Pfusch abzuspeisen und trotzdem die volle Bausumme zu kassieren“, erklärt der Hamburger Jurist Dr. Bernhard Nissen im Namen der Bundesrechtsanwaltskammer. Die Agenda im Eingangskorb seiner Kanzlei spiegelt den Alltag des Bauens wider. „Es kommt gar nicht so selten vor, daß die Baufirma gerade erloschen ist, wenn der private Bauherr sein Geld wiederhaben will.“ Dann beginnt für Dr.

Nissen und seine Kollegen eine zeitraubende Suche nach den Verantwortlichen.

Dem privaten Bauherrn fehlt häufig der Durchblick, um unqualifiziert ausgeführte Gewerke als solche zu entlarven. Von der vielfach angespannten Finanzlage ganz zu schweigen, die es ihm verbietet, einen Gutachter und womöglich einen Rechtsanwalt zu bemühen. Aus dieser Not heraus wurde vor knapp zwanzig Jahren der Verband privater Bauherren e.V. (V.P.B.) gegründet, eine
Verbraucherschutzgemeinschaft mit landesweit 25 Bezirksstellen. „Wenn sich die Leute ein Auto für 20 000 Euro kaufen wollen, dann wählen, prüfen, probieren und vergleichen sie oft wochenlang“, sagt Frank Ulrich Staudinger, Architekt und V.P.B.-Bundesvor-sitzender. „Aber wenn es um den Bau eines Hauses und die zehnfache Summe geht, verhalten sie sich erstaunlich blauäugig.“ Deshalb bieten er und seine Mitstreiter eine eingehende Beratung schon vor Vertragsabschluß sowie begleitend während der Bau- und der Gewährleistungszeit an. „Wir sorgen für unzweideutige Verträge und lassen uns auf der Baustelle in allen entscheidenden Phasen blicken, um die Bautenstände zu kontrollieren“, sagt Staudinger. Denn: „Wie soll man zum Beispiel erkennen, ob mit den elektrischen Leitungen alles in Ordnung ist, wenn die Wände schon verputzt wurden?“
Staudinger erinnert an eine allgemeingültige Empfehlung: „Ein Prozent der Gesamtsumme sollte für die bautechnische Beratung veranschlagt werden. Nur eine kontinuierliche Betreuung kann verhindern, daß sich größere Fehler überhaupt erst einschleichen.“ Gemessen an den Baukosten nehmen sich die Beiträge und Verrechnungssätze des V.P.B. moderat aus, zumal sich die Mitgliedschaft im allgemeinen auf die „akute“ Zeit von drei bis fünf Jahren beschränkt.

Staudinger rät dringend dazu, zwischen einem Mangel und einem Schaden zu unterscheiden. Eine schiefe Wand oder ein nicht in normgerechter Höhe installierter Lichtschalter sind Mängel. Sie zu beseitigen, kostet mehr Ärger (Zeit, Staub, Schmutz, bleibende Spuren) als der betreffende Mangel selbst. Vielmehr sollte man sie als Wertminderung geltend machen. Anders bei Schäden: Sie bedeuten ein dauerndes Risiko, weil sie sich oft noch verschlimmern.

Die lassen sich nicht mit einem Preisnachlaß aus der Welt schaffen. Ein häufiger Fall sind die von Fachleuten so genannten Wärmebrücken (im allgemeinen Sprachgebrauch ist der Ausdruck Kältebrücken verbreitet). Es handelt sich um unzureichend wärmegedämmte Abschnitte in der Außenwand, die zu erhöhten Heizkosten, zu Feuchteschäden im Innern des Mauerwerks und zu Schimmelpilzbefall führen können. Da hilft nur die komplette Beseitigung des Schadens.

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