Noch wenige Tage vor der Geburt ist es kaum zu erkennen, dass die Wölfin trächtig ist. Sie ist so schnell und beweglich wie immer. Nach der kräftezehrenden Ranzzeit muss sie wieder mit den anderen auf die Jagd gehen.
Die Tragzeit dauert 61 bis 63 Tage. Erst kurz vor der Geburt erkennt man auch äußerlich, dass es bald soweit ist. Mit ihren Vorderzähnen reisst die Wölfin alle Haare rund um die angeschwollenen Zitzen auf ihrem Bauch aus. Das geht jetzt auch leicht, denn der dicke Winterpelz beginnt sich zu lichten. Die Tage werden allmählich wärmer und im Sommer sind die Haare kurz.
Auch am Verhalten der Wölfin kann man erkennen, dass die Geburt bevorsteht. Unter dem großen Felsen, wo sie im letzten Jahr ihre Welpen bekam, schaufelt sie stundenlang Sand, vergilbte Knochen und trockenen Kot hervor. Immer wieder kriecht sie in den langen Höhlengang hinein und kommt rückwärts wieder heraus, bis endlich alles sauber und ordentlich ist. Dann gräbt sie eine neue Höhle, nicht weit von der alten entfernt, unter dem Wurzelteller eines vom Wind umgestürzten Baumes. Hier gibt sie sich mit einer tiefen Mulde zwischen den Wurzeln zufrieden. Das dichte Wurzeldach wird die Welpen vor Regen und Kälte schützen. Schließlich weitet sie für alle Fälle auch noch einen alten Fuchsbau am Ufer eines ausgetrockneten Flussarmes aus, macht den Eingang weiter und die Kammer, den ausgeweiteten Raum nach der Eingangsröhre, größer.
Die anderen Wölfe jagen unterdessen alleine und schleppen Futterbrocken heran, die sie um die Haupthöhle herum vergraben. Jedesmal werden sie von der Wölfin stürmisch begrüßt. Von nun an ist sie ganz auf ihre Hilfe angewiesen. Kurz vor der Geburt verkriecht sie sich in ihre Höhle, in die sie niemanden hineinlässt. Bei der Geburt will sie allein sein.
Wie bei allen Säugetierweibchen setzt die Geburt auch bei der Wölfin durch Wehen ein, kaum erkennbare Krämpfe, die den ganzen Körper wellenartig erfassen. Zuerst kommen sie nur ab und zu, dann immer häufiger. Ab und zu leckt sie sich hinten oder über den nackten Bauch.
Die Wolfshöhle
Nur eine trächtige Wölfin beginnt mit dem Bau einer Höhle. Mit zunehmendem Alter der Welpen wird noch eine zweite, manchmal auch weitere Höhlen benutzt. Sie befinden sich unter großen Steinen, unter dem Wurzelwerk alter oder umgestürzter Bäume, manchmal auch nur im Sandboden am Waldrand.
Die Höhleneingänge sind etwa einen halben Quadratmeter groß. Von dort aus führt ein Gang in die Erde. Nach etwa einem Meter verläuft der Gang horizontal und endet nach ein bis drei Metern in einer runden Kammer, die eigentliche Höhle.
Eine solche Höhle kann aber auch aus einem ganzen Labyrinth von Kammern und Gängen bestehen. Kleine und große Gänge führen vom Hauptgang weg: große für die alten Wölfe und schmale für die Welpen.
Die letzteren müssen die Kleinen selbst graben, da sie so eng sind, dass sich dort kein älteres Tier hindurchzwängen könnte. Manchmal graben Welpen jahrelang an den Gängen, von denen manche über zehn Meter lang sind. Es kann sogar mehrere Stockwerke mit vielen an- und absteigenden Verbindungen geben.
ln der Wolfshöhle liegen zwar alte Knochen herum, aber es ist peinlich sauber darin, es gibt keinen Kot und keinen Uringeruch.