Die alte Gärtnerregel, daß das Gieß- und Spritzwasser die gleiche Temperatur wie die Luft haben soll, gilt auch uneingeschränkt für unsere Zimmerpflanzen. Sie ist in der Beobachtung begründet, daß alle Teile der Pflanze die gleiche Erwärmung wie die umgebende Luft zeigen. Bei den im Topf stehenden Zimmerpflanzen ist auch die allseitig von Luft umgebene Erde der Zimmertemperatur annähernd angepaßt. Kaltes Wasser könnte also auf die befeuchteten Pflanzenteile eine Schockwirkung ausüben. So ergibt sich auch die Überlegung, daß es nachteilig sein würde, in kalten Räumen stehende Pflanzen mit wärmerem Wasser zu gießen oder zu übersprühen! Unsere Kulturpflanzen stellen auch besondere Ansprüche an bestimmte Reaktionsverhältnisse des Bodens, wobei das Optimum für das Wachstum der einzelnen Pflanzenarten bei alkalischer, neutraler oder saurer Reaktion liegen kann. Bei den Zimmerpflanzen sind wir in der Lage, den speziellen Ansprüchen an die Bodenreaktion durch die Verwendung entsprechender Erdarten gerecht zu werden. Das Maß für die Reaktion (d.h. für die Konzentration der freien Wasserstoff-Ionen in wäßrigen Lösungen) ist der pH-Wert. Er gibt an, ob eine Lösung sauer, alkalisch oder neutral ist. Der Neutralpunkt wird hierbei durch pH 7 gekennzeichnet; darunter liegende Werte geben saure, darüber liegende alkalische Reaktion an.
Die Optimalwerte für unsere Zimmerpflanzen sind oft sehr spezifisch. So beanspruchen z. B. Azaleen (Rhododendron simsii Planch.) einen pH-Bereich von 3,5—4,5, Gloxinien (Sinningia speciösa (Lodd.) Hiern.) von pH 5,0-6,5 und Cinerarien (Senecio cruentus (L’Herit.) DC.) von 6,6-7,5.
Für das Pflanzenwachstum – speziell für die Aufnahme der mineralischen Nährstoffe – hat der pH-Wert der wäßrigen Düngerlösung eine große Bedeutung. Die Reaktionsverhältnisse des Bodens in den Töpfen werden weitgehend auch von dem pH-Wert des zum Gießen verwendeten Wassers beeinflußt. Für die Mehrzahl unserer Zimmerpflanzen ist ein pH-Bereich des Gießwassers zwischen pH 5 und pH 6 am günstigsten. Da höhere pH-Werte des Wassers in der Regel mit höheren Härtegraden parallel laufen, ist auch der Härtegrad des Gießwassers zu berücksichtigen. Wasserhärte wird in °dH (= Grad Deutscher Härte) angegeben, wobei 1 °dH den Gehalt von 10 mg CaO (Kalziumoxid) pro 1 Liter Wasser bedeutet. Weiches Wasser hat 4—8 °dH, mittelhartes 8-12 °dH, ziemlich hartes 12-18 °dH und sehr hartes über 30 °dH. Das weiche und mittelharte Wasser kann unbedenklich als Gießwasser für unsere Zimmerpflanzen verwendet werden. Eine Ausnahme bilden Azaleen, Hortensien, Kamelien, Bromelien u. a. Pflanzenarten, die eine sehr saure Reaktion des Bodens beanspruchen. Bei ihnen führt die Verwendung von Wasser mit mehr als 10 ° dH (durch Verlagerung der erforderlichen sauren Reaktion der Kulturerde nach der neutralen Seite) zu Wachstumsstörungen. Deshalb müssen wir für die Pflanzen entweder Regenwasser zum Gießen sammeln oder -wenn dies nicht möglich ist – das Leitungswasser abkochen und abstehen lassen, damit sich die Kalk- und Magnesiumsalze absetzen. Diese Salze bilden die „vorübergehende“ (= temporäre) Härte, die bei Temperaturen über + 40 °C wieder verschwindet. Die permanente Härte, die durch Sulfate, Chloride und Nitratverbindungen entsteht, kann nur mit einem technischen Enthärten (z. B. dem im Gartenbau angewendeten Permutit-Verfahren) oder durch Zusatz von Oxalsäure beseitigt werden. Dies ist für die Zimmergärtnerei aber im allgemeinen zu umständlich. Doch kann eine solche Wasserenthärtung, besonders für wertvolle Bromelien- und auch Orchideenbestände in Pflanzenfenstern und Vitrinen notwendig werden.
In den lichtarmen, kühlen Monaten, wenn die Pflanzen mehr oder weniger zwangsläufig ruhen und ihr Bedarf an Feuchtigkeit gering ist, muß das Bewässern besonders vorsichtig vorgenommen werden. In der warmen Jahreszeit dagegen, wenn sich die Pflanzen in vollem Wachstum befinden, ist eine gleichmäßige, reichliche Wasserversorgung unbedingt erforderlich. Die „Kunst der Pflanzenpflege“ besteht also in der Hauptsache darin, den Wasserbedarf und -verbrauch der Pflanzen vor allem während der wachstumsungünstigen Zeit mit der Wasserversorgung im Gleichklang zu halten und den Zimmerpflanzen das Wasser in einer „Qualität“ zuzuführen, die ihrem speziellen Bedürfnis in bezug auf Härte- und Säuregrad entspricht. Besondere Bedeutung kommt der Wasserqualität bei der Herstellung der Nährlösungen für die erdelose Kultur zu.