Sommernachmittag:
Papa mäht den Rasen, der Junior duscht, und Mama stellt den Geschirrspüler an. Diese drei Geräuschquellen registrieren wir eher am Rande. Aber es gibt Leute, die sich intensiv darum kümmern, wie viel Lärm bei solch alltäglichen Beschäftigungen entsteht.
Ortstermin in Nürnberg. Die Lärm-Detektive der Landesgewerbeanstalt Bayern (LGA) sind dem Krach auf der Spur, und die empfindlichen Mikrofone in ihren Labors registrieren auch das kleinste Geräusch. Diplomingenieur Dietmar Leu-ner, bei der LGA Leiter des Fachzentrums für Technische Akustik und Schallschutz, wünscht dem Thema „Lärm“ mehr Aufmerksamkeit: „Wir fühlen uns von sehr unterschiedlichen Geräuschen gestört oder belästigt, insofern ist Lärm eine subjektiv. Stark unterschätzt werden allerdings die Schäden, die Lärm verursacht.“ Lärm im Straßenverkehr und am Arbeitsplatz, ergänzt durch Radiogedudel zur Erholung: Da wundert es kaum, dass Krach zunehmend auf „taube Ohren“ stößt. Laut Gesundheitsministerium ist heute fast jeder fünfte Deutsche hörgeschädigt. „Lärmschwerhörigkeit gehört mittlerweile zu den häufigsten Berufskrankheiten“, weiß Leuner. Heutzutage unterliegen Produkte zahlreichen gesetzlichen Anforderungen – auch hinsichtlich der Geräusche, die sie abgeben. Als unabhängige Einrichtung und amtlich benannte Stelle nimmt die LGA geräuschtechnische Prüfungen vor, erstellt Gutachten und vergibt Kenn- oder Prüfzeichen. Ingenieur Leuner nennt ein Beispiel: „Nach der Umsetzung der EU-Richtlinie in deutsches Recht müssen die Hersteller auf Geräten, die im Freien benutzt werden und neu auf den Markt kommen, deutlich sichtbar den Schallleistungspegel angeben, der garantiert nicht überschritten wird.“
Deshalb nimmt das LärmTeam der LGA in dem sogenannten reflexionsarmen Messraum gerade die Schallmessung an einem Rasenmäher vor. Durch schwere blaue Stahltüren schiebt Horst Schimkus den Rasenmäher in die Mitte des Labors. Wände und Decke sind mit versetzt angeordneten, keilförmigen Gebilden verkleidet. Das filzigraue Glasfasermaterial verhindert Echoeffekte und schluckt jedes Geräusch. Ja, es raubt einem das gesprochene Wort förmlich von den Lippen.
Im Falle des Rasenmähers erfassen die exakt positionierten Mikrofone, wie sich der Schall in alle Richtungen ausbreitet. Vom Büro nebenan aus schaut Thomas Renner via Kamera zu. Auf seinem Computer laufen die Messdaten für den technischen Bericht zusammen.
Einige Türen weiter im Armaturenlabor prüft Peter Himmler das Geräuschverhalten von Brausearmaturen. Zu seinen aktuellen Tests erläutert er einen gerade für Selber-macher wichtigen Aspekt: „Was viel zu wenig bekannt ist: Um die Bewohner im Mehrfamilienhaus vor Geräu-sehen aus Nachbarwohnungen zu schützen, dürfen dort nur Armaturen eingebaut werden, die ein bauauf-sichtliches Prüfzeichen tragen.“ Es wird nach erfolgreicher Prüfung von der LGA vergeben. Dietmar Leuner betrachtet sein Arbeitsgebiet auch philosophisch: „Mit immer mehr Geräuschquellen dröhnen wir uns zu und hätten doch Ruhe zur Regeneration viel nötiger. Auch unter dem Aspekt gegenseitiger Rücksichtnahme kann jeder prüfen, welche Lärmquellen er einstellen oder durch leisere Geräte ersetzen kann.“