Wohin mit dem Bauschutt?

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Umbauen, Ausbauen und Renovieren machen jedem Seibermacher Spaß. Aber was kommt dann? Wer Steine, Dachziegel und Mörtelreste loswerden will, muß sich auf allerlei gefaßt machen.

Die Nachricht sprach sich herum wie ein Lauffeuer: Buschweg, Ecke Erlen-kamp, steht ein Müllcontainer im Vorgarten. Tor offen. Dann kamen sie bei Einbruch der Dunkelheit. Mit Zaunpfosten inklusive Zementsockel, verrostetem Maschendraht, angefressenen Paneelen, ganzen Haustüren. Und mit ein paar Säcken Hausmüll. Am nächsten Morgen war der Behälter (Fassungsvermögen: zehn Kubikmeter) randvoll.

Solange sich Spitzböden und Kellerräume immer häufiger in Gäste-, Kinder- und Arbeitszimmer verwandeln, die Garage zum Fitneßcenter oder zur Heimsauna umgemodelt wird, solange bleibt das, was dabei in Massen anfällt, ein ernstes Problem: Bauschutt.

Im Recyclinghof wirkt ein Minirock meistens Wunder

Beim Versuch, unser Müllproblem zu lösen, lernen wir, daß es (mindestens) drei kritische Momente gibt. Erstens: die Entrümpelung. Bis die Sperrmüllabfuhr mal kommt, vergehen je nach Bundesland bis zu sechs Wochen. Dann sind Energie und Elan meist schon verpufft. Also auf zum Recyclinghof. Dort werden wir von rauhbeinigen Burschen in Empfang genommen und beargwöhnt. Wachsam bis zur Grausamkeit. „Alte Gardinenstangen? Metall. Da hinten!“ Also taumeln wir knapp dreihundert Meter über den Hof. Als wir uns dem Container nähern, der für Hausmüll bestimmt ist, erschallt ein „Halt! Pappe nach links.“ Aber da ist das Malheur schon passiert. Also steigen wir auf die Leiter, lassen uns hinab in den Müll, klauben die Pappe wieder hervor. Alte Dielenbretter? „Die müssen wir gar nicht nehmen. Die sind vorbehandelt.“ Lange Diskussion. Die Männer in den Overalls haben keinen guten Tag. Also die Bretter zurück in den Kofferraum.

Profis halten schon beim Entladen des Kofferraums einen Zwanzigmarkschein zwischen den Zähnen – ganz diskret, versteht sich. Zwei weitere liegen im Handschuhfach bereit. Im passenden Moment fallen sie in rein zufällig ausgestreckte Hände. In unserem Fall beliefen sich die Gesamtkosten bei ca. drei Fuhren auf knapp 60 Mark für Hilfsgelder und Mülltüten.

Wer sparen möchte, schickt Frau, Tochter oder Freundin. Miniröcke, enge Pullover und sanftes Lächeln ersparen viele Stunden Rage und Gerenne. In solcher Gesellschaft packen die städtischen Müllentsorger selbst mit an. Kostenfrei.
Fällt richtig Masse an, geht’s an Phase zwei. Das heißt: Bereitstellung eines Müllcontainers durch eine Privatfirma und dessen Abtransport. Der Container (zehn Kubikmeter) allein kostet knapp 300 Mark. Die Entsorgung rund 100 Euro pro Kubikmeter Schutt.

Alter Trick: Der Hausmiill wird als Bauschutt getarnt

Dank nachbarlicher „Mitwirkung“ werden zwei Stück gebraucht. Randvoll. Summe inklusive Mehrwertsteuer: fast 2600 Euro.
Ist alles alte Zeug weg, folgt Phase 3 der Müllentsorgung: Mit Erneuerungsmaßnahmen fällt wieder Schutt an: Verschnitt bei Wandpaneelen, Dämmplatten, Auslegeware, Isoliermaterial. Also schon wieder zum Recyclinghof? Frusttendenz: steigend. Abfallwirtschaftsgesetze auf Landesebene lassen Väter zu Schlepperbanden werden. So ein Freundeskreis der Sperr-müllentsorger mietet sich einen Anhänger und macht sich nachts auf den Weg über die Grenze in ein Bundesland, wo es den Brauch der Sperrmüllabfuhr noch gibt. Emsig wie die Heinzelmännchen fahren sie von Schrotthaufen zu Schrotthaufen, um ihre Kommoden, Stühle, Bettgestelle und Matratzen vor fremden Haustüren loszuwerden.

Alles andere als phantasievoll ist die Variante „Vorschlaghammer, Heckenschere und Säge“, dafür auf die Dauer effektiv: Ausgediente Waschbecken, Dachpappenreste (Achtung, die zählen zu den umweltbelastenden Problemstoffen!) und halb verrottete Bretter werden zertrümmert, zerkleinert, mühsam zerrissen und dann nachts in die eigene oder – immer wieder beliebt -in Nachbars Mülltonne unter einer Tüte mit Hausmüll versteckt.
Geheimtips machen unter Leidensgenossen schnell die Runde: „Dienstags hat der mit dem Schnauzbart Dienst auf dem Recyclinghof. Frag ihn nach dem Abitur seines Sohnes, gib ihm nen Fuffi, und du kannst abladen, was dir unter die Finger kommt. Der stellt sich dann blind und hält die anderen in Schach.“

Einen Container zu ordern, der für reinen Bauschutt deklariert ist, ihn dann aber doch mit dem (etwa doppelt so teuer berechneten) gemischten Baustellenabfall zu beschicken, gilt als toller Spartip. Vergessen Sie’s. Die Firmen kennen das und stochern nach, ob sich unter der oberflächlichen Schuttschicht aus Sand, Steinen und Dachziegeln nicht etwa Holz, Papier, Pappe, Kunststoff oder gar Hausmüll anfindet. Schon das Durchschimmern einer einzigen Coladose weckt ihr Mißtrauen. „Wenn sich jemand weigert, die volle Rechnung zu zahlen, kriegt er den Müll wieder vors Haus gekippt“, sagt der Mitarbeiter einer Entsorgungsfirma. Die Müllcontainerdienste, die das Ganze gemäß dem vom Bund vorgegebenen Abfallgesetz umweltfreundlich entsorgen, sind schließlich doch die billigere Lösung im Vergleich zu Bestechungsgeldern und Strafmandaten wegen Mißachtung der Umweltschutzgesetze.

Container baut man am besten zur Festung aus

„Man muß sich nur vernünftig beraten lassen“, sagt Ingo Kuschmann von dem Hamburger Containerdienst Jutta Schirmer GmbH. „Ich lass’ mir von den Leuten genau erklären, was sie entsorgen wollen. Und dann finden wir die preisgünstigste Lösung. Kubikmeter ist ein Raummaß, das vergessen die meisten. Also alles zerkleinern, damit sich das Volumen komplett nutzen läßt.“ Seine Erfahrungen mit den Begehrlichkeiten, die ein Container in der Nachbarschaft weckt, gibt Kuschmann in folgenden Worten weiter: „Den Container nur für einen Tag anfordern. Oder – wenn sich das nicht machen läßt -über Nacht sichern, mit einer Plane abdecken und das Tor verschließen.“

Wer den Schutt dennoch selbst entsorgen will, hat’s schwer. In den meisten Städten und Landkreisen gibt es höchstens eine Deponie, die Bauschutt überhaupt annimmt. Natürlich kilometerweit von der Baustelle entfernt.

Vorsicht bei Sparlösungen: Ehekrach ist programmiert

Selbst solche Deponien dürfen offiziell nur kleine Mengen akzeptieren. Putzreste und Mörtel zum Beispiel in einem Sack von 120 Litern. Da lohnt sich ja kaum das Eintüten.
Auch bei dem Hinweis Mülldeponie für Selbstentsorger, zu finden in den Gelben Seiten, ist Vorsicht geboten. Denn für die Großraumentladung brauchen auch Privatleute eine behördliche Transportgenehmigung. Scharfäugige Torsteher lassen sie sich zeigen, denn vor der Zufahrt kreist manchmal unauffällig die Umweltpolizei. Das Fehlen einer solchen Genehmigung wird dann für beide Seiten teuer. Helmuth Wolff, in einer Gesellschaft für Recycling, Entsorgung und Abfallbehandlung in Hamburg für den Umweltschutz verantwortlich, weiß nur einen Weg aus dem Dilemma: „Im Zweifelsfall sollte man vorab das Amt für Abfallwirtschaft des Landkreises anru-fen.“ Dort erhält man kostenlos Auskunft. Dieser Weg spart Zeit, Mühe und Geld. „Es gibt eben genaue Vorschriften“, erklärt Wolff, „und schwierig wird es bei belasteten Materialien. Dazu gehören Asbestzementplatten, Dachpappe, Nachtspeicherheizungen und imprägnierte Jägerzäune.“
Mit dem Blick aufs Portemonnaie beschloß unser Freund Rolf aus einem idyllischen Vorort von München, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Um seiner Frau den Wunsch nach einer größeren Terrasse zu erfüllen, hob er um den vorhandenen Belag herum eine Grube aus, kippte den bei einer Renovierung angefallenen Schutt hinein und verdichtete ihn durch kräftiges Trampeln. Dann kam der Bodenaushub darauf, ganz oben eine Schicht Gartenerde.

Als seine Frau im Frühjahr nach einer längeren Regenzeit Setzlinge eingraben wollte, schrie sie kurz auf. Ihr linkes Bein steckte knietief in scharfkantigen Badezimmerfliesen. Danke, das zerschundene Bein macht gute Fortschritte. Jetzt geht es darum, die Ehe zu verarzten.

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